Fensterln im Salzkammergut

Über die Charakteristik des gemeinen Kammergütlers und insbesondere das Fensterln schrieb der kaiserlich-königliche Forstbeamte Johann Steiner zu Mondsee anno 1820 wie folgt:

„Das eingerissene Sittenverderbnis unter dem jungen, männlichen und weiblichen Landvolk, die sogar schon bis in diese friedlichen Gebirgshütten eingeschlichene fremde Krankheit, wird sich schwerer beheben lassen. Frei und offen geht der Bube zu dem Fenster seiner Dirne, wenn er glaubt, daß die harte Tagesarbeit den Eltern die Augen geschlossen habe, singt ihr leise die gewöhnlichen Sprüche vor, welches sie Angasserln nennen, und bittet um Einlaß.

Unbekümmert um ihr künftiges Schicksal erhört die Dirne den bittenden Liebling, Schlauigkeit von Seite der Jugend, Sorglosigkeit von Seite des Alters, gibt diesen nächtlichen Zusammenkünften ungestörten Genuß; es ist auch nicht mehr auffallend, wenn ein lediges Mädchen Mutter wird.“

Steiners Buch „Reisegefährte durch die österreichische Schweiz“ war eines der erfolgreichsten Salzkammergut-Bücher seiner Zeit und musste mehrmals aufgelegt werden.