Einsiedelei am Falkenstein

Wer heute am historischen Pilgerweg zwischen Sankt Wolfgang und Fürberg über den Falkenstein geht, wird die einzelnen Lebensstationen des Heiligen Wolfgangs in all ihrer kirchlichen Ausgeschmücktheit so erleben, wie sie im Mirakelbuch des Mondseer Bischofs Lidl 1732 zu lesen sind. Etwa jene des „waxweichen Steins“, der den Abdruck des rastenden Wolfgangs zeigt. Dort soll er bei der Suche nach dem Beil kurz gesessen sein. Mit der Realität hat das vermutlich wenig gemein.  

Wie alles begann

966 verließ der Benediktiner Wolfgang sein Bistum in Regensburg, um nicht in den Streit zweier feindlicher Herrscher zu geraten, mit denen er befreundet war. Es war eine Flucht nach vorn, die ihn in Benediktinerkloster Mondsee ziehen ließ, das zu Regensburg gehörte. Die Mondseer Ländereien erstreckten sich bis zum östlichen Teil des Abersees, wie der Wolfgangsee damals hieß und ihn die Einheimischen heute noch nennen. Ein Jahr später ließ er sich in einer Felshöhle auf einer Lichtung am Falkenstein nieder, dessen Felswand so schroff in den Wolfgangsee abfällt, dass der Stein eine natürliche Schranke bildet. Dort, heißt es, soll er viele Jahre als Eremit gelebt und schließlich, vom Teufel gepeinigt, ein Beil geworfen haben, um an der Fundstelle eine neue Kirche zu begründen.

Es war das Zeitalter mündlicher Überlieferungen, die je nach Aktualität und Umfeld an Details gewinnen. Sieben Jahre soll er dort gewesen sein. Der Wahrheitsgehalt beinhaltet schon zu Beginn Brüche, die sich durch Urkunden belegen lassen. So unterzeichnete Wolfgang bei persönliche Anwesenheit Rechtsgeschäfte in Niederösterreich und an anderen Stellen des Umlandes. Auch der teuflische Widersacher wurde erst hunderte Jahre später dazugedichtet. Die Geschichte hat immer wieder gezeigt, dass die katholischen Wunder umso größer sind, je wichtiger der Gebietsanspruch einer Region sein soll.  

Fest steht, dass der aus einfachen Verhältnissen stammende Wolfang eine charismatische Persönlichkeit gewesen sein muss, die erst im Alter von 41 Jahren als nicht geweihter Mönch in den Orden der Benediktiner eintrat. Die Zeit war im Umbruch, die Sitten lose, auch an den Klöstern herrschte Verfall. Der heilige Wolfgang galt als einer, der keinen Wein trank, wenn er Wasser predigte. Dem Schlichtheit lieber war als großer Pomp und der als Reformater Ordnung im katholischen System herzustellen versuchte. Das wird nicht überall ohne Widerstand gegangen sein.

Wo ich es wiederfinde, soll meine Wohnung sein

An der Stelle, wo er das Beil geworfen hat, um am Auffindeort eine Kirche zu bauen, hat man eine Art Kapelle gebaut. Ist der Standort richtig, müsste das Beil von hier mehrere Kilometer geflogen sein. Die heilige Quelle, die Wolfgang ein paar Meter weiter entspringen ließ, soll bei Augenleiden helfen. Einheimische holen sich noch heute das Wasser für die Taufe ihrer Kinder.

In der Einsiedelei sitzt eine kleine Kirche am Fels, wo man eine Kerze entzünden und gut Andacht halten kann. Ein paar Stiegen führen innen zur Wolfgang’schen Höhle nach oben. Glück dem, der beim einmaligen Ziehen des Seils an der Wunschglocke das Schlagen des Klöppels dreimal hört: sein Wunsch wird in Erfüllung gehen. Mir ist die richtige Zugkraft noch kein einziges Mal gelungen.

Schöne Winterwanderung

Vom Pilgerparkplatz in Ried hinter St. Wolfgang geht man etwa 45 Minuten zur Einsiedelei nach oben. Die Strecke ist steil, aber überaus lohnenswert. Im Winterausklang ist sie von Schneerosen gesäumt. Wer mag kann hier bis nach Sankt Gilgen weiterwandern oder – wenn der Weg nicht vereist ist – die Runde über den Scheffelblick zurückgehen, der zum einzigartigen Ausblick über den See auch famose Schaukelliegen bietet. Dazu nach der Falkensteinkirche noch weiter nach unten und dann links gehen.

Wolf – das Mystical

2024 findet zum 1.100. Geburtstag, das Heilige Wolfgangjahr statt. Am Wolfgangsee hat man sich gut darauf vorbereitet und die Kulturhauptstadt 2024 links liegen lassen. In Ried wird eine eigene mobile Seebühne gebaut, auf der von 23. Mai bis 22. Juni 2024 „Wolf – das Mystical“ zu sehen sein wird. Den Text hat Franzobel dazu geschrieben. Man darf gespannt sein, welche Version des Heiligen auferstehen wird.